Solidarität ohne Grenzen!

Aufruf zur Solidarität mit geflüchteten und flüchtenden Menschen

Verständlicherweise wird in den letzten Wochen ununterbrochen vom Corona-Virus berichtet. Alle müssen Einschränkungen hinnehmen und selbst uns fällt dies trotz zahlreicher Privilegien sehr schwer. Und obwohl wir hier die notwendigen Maßnahmen weitgehend einhalten können und wir eine verhältnismäßig gute medizinische Versorgung haben, breitet sich das Virus auch hier weiter aus und viele haben Angst um sich und ihre Angehörigen.

Ungeachtet jeglicher Berichterstattung steuern wir jedoch gerade an den Außengrenzen der EU und in den griechischen Flüchtenden-Lagern auf eine noch viel größere Katastrophe zu. Mehr als 40.000 Menschen befinden sich allein auf den griechischen Inseln in Lagern unter menschenunwürdigen Bedingungen. Diese bieten höchstens Kapazität für nur 7000 Menschen. Daraus resultiert eine Raumknappheit, die es unmöglich macht, notwendige Kontaktvermeidung einzuhalten. Außerdem ist die sanitäre und medizinische Versorgung mehr als unzureichend. Schon unabhängig vom Corona-Virus sind die Schutzsuchenden in den Lagern in Gefahr: in den letzten Wochen wurden die Lager vermehrt angegriffen und es kam sogar zu Brandanschlägen, die bereits mehrere Todesopfer forderten.

Auch vor der Grenze hat sich die Lage zugespitzt: Mehrere Tausende Menschen verharrten dort noch bis zuletzt in Zeltlagern. Viele haben sich mittlerweile zurückgezogen, auch und vor allem weil Flüchtende von Polizei und Frontex unter Einsatz von Gummigeschossen und Tränengas brutal zurückgedrängt werden. Menschen starben bereits dabei. Die meisten Reporter*innen haben die Region längst verlassen und auch NGO-Freiwillige werden angegriffen. An der kroatischen Außengrenze sieht es nicht besser aus. Auch hier sind die Heime überfüllt. Auch hier herrschen katastrophale hygienische und medizinische Bedingungen. Auch hier werden Menschenrechte mehrfach mit Füßen getreten – die Polizei geht ähnlich aggressiv und brutal vor.

Eine Überraschung sind diese Zustände jedoch keinesfalls: Sie sind das Resultat jahrelanger Ignoranz der internationalen Staatengemeinde, der EU und auch Deutschlands! Spätestens nach dem Jahr 2015 wurde auch den stursten Köpfen der EU klar: Asylpolitik bedeutet internationale Zusammenarbeit. Die EU scheitert jedoch bereits an einer internationalen menschenwürdigen Praxis. Stattdessen wurde 2016 ein Abkommen mit der Türkei geschlossen, das dafür sorgen sollte, dass wir auch weiterhin nicht mit den Konsequenzen jahrelanger außenpolitischer Egotrips konfrontiert werden – ein Pakt mit Erdogan, der Seite an Seite mit Terrormilizen gegen die kurdischen Befreiungskämpfer*innen im Norden Syrien kämpft. Es sind jene Menschen, die just noch mit den USA, die sie nun im Stich gelassen haben, erfolgreich gegen den sogenannten IS gekämpft hatten.

Moralisches Handeln liegt schon lange hinter uns: Menschenleben sind heute nur noch internationaler Spielball, der von den geopolitischen Eigeninteressen im Neoimperialismus hin und her getreten wird. Es geht um: militärische Vormachten, geopolitische Interessen, aber vor allem um Öl und damit um Geld. Auch Deutschland hat hier seinen Beitrag geleistet, war es 2018 hinter den USA, Russland und Frankreich viertgrößter Rüstungsexporteur. Ein großer Teil der damals erwirtschafteten 4,8 Milliarden Euro kamen aus Ländern wie Algerien (818 Millionen Euro) und Saudi-Arabien (416 Millionen Euro), die Menschenrechte mit Füßen treten. Wie glaubwürdig ist es dann noch, wenn im Bundestag wieder von Fluchtursachenbekämpfung gesprochen wird – wenn wir den Kriegstreiber*innen die Hände schütteln und sie uns danach in Unschuld waschen?

Wir haben die Verantwortung, jetzt zu handeln:

Mit jedem Tag steigt die Wahrscheinlichkeit für eine humanitäre Katastrophe in den Lagern und an den Grenzen. Die Menschen müssen besser heute als morgen evakuiert und nach Europa gebracht werden. Dort muss ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden. Das bedeutet natürlich Gewährleistung von Menschenrechten, Zugang zu medizinischer Versorgung und die Sicherstellung von grundlegenden menschlichen Bedürfnisse. Aber auch Zugang zu Bildung und dem Arbeitsmarkt sowie die Möglichkeit zur gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. In Portugal werden zur Zeit beispielsweise alle sich dort aufhaltenden Menschen wie Staatsangehörige behandelt: ungeachtet ihres Passes erhalten sie dort die gleiche medizinische Versorgung.

Deutschland muss als eines der wirtschaftsstärksten Länder endlich Verantwortung übernehmen und zum sicheren Hafen werden – notfalls auch im Alleingang als Beispiel voran gehen. Es ist nicht ausreichend, nur ein Kontingent von Menschen aufzunehmen, wie zuletzt von der Bundesregierung geplant. Es ist keine Option, Menschen zurückzulassen und damit potentiell zum Tode zu verurteilen. Asylrecht ist ein Menschenrecht. Deswegen muss es wiederhergestellt werden. Deswegen müssen endlich legale und sichere Fluchtwege nach Europa geschaffen werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Schutzsuchende im Mittelmeer ertrinken und an Grenzen gewaltsam zurückgedrängt werden. Die Europäische Union und die gesamte sogenannte westliche Welt müssen sich ihre Schuld an den Fluchtursachen eingestehen. Schließlich werden, um unseren Wohlstand zu sichern, ganze Kontinente ausgebeutet, Despoten unterstützt, Waffen in Krisenregionen exportiert, imperialistische Kriege geführt und das Klima zerstört. Das sind die Fluchtursachen, die endlich entschieden bekämpft werden müssen – nicht die Flüchtenden.

Nur weil in den Medien fast ausschließlich über das Corona-Virus berichtet wird, dürfen diese Menschen nicht vergessen werden. Solidarisiert euch mit geflüchteten und flüchtenden Menschen. Helft zum Beispiel der Seebrücke Karlsruhe, indem ihr kommunal Druck ausübt, damit am Sicheren Hafen Karlsruhe auch Boote anlegen können. Außerdem könnt ihr ihnen auch von zu Hause aus eine Stimme geben, indem Ihr zum Beispiel Transparente aufhängt, Texte wie diesen teilt, Petitionen unterschreibt, in entsprechenden Gruppen aktiv werdet und/oder spendet.

Unterstützt außerdem die #LeaveNooneBehind-Kampagne